Freitag, 4. Dezember 2015

Aquilon

Er war nicht böse. Und er war nicht gut. Er war der Herr über den Nordwind und er war wie er war. Er trug Sehnsucht in sich; und Freiheit. Mit jeder Bewegung komponierte er neue, wunderschön betörende Lieder, die von den Wundern und Abenteuern seiner zahllosen Reisen erzählten. Er war ein fliegender Zirkus voller Attraktionen, dessen Faszination sich kaum ein Wesen verschließen konnte. Dort wo er seine leidenschaftlichen Melodien durch enge Gassen und über weite Felder wehen ließ standen sie mit offenen Mündern und sehnsüchtigen Herzen, bereit alles hinter sich zu lassen um auf seinen Schwingen in die Ferne zu fliegen. Blumen, Bäume, Tiere und Menschen reckten begehrlich ihre Köpfe in die Höhe und sogen seinen verlockenden Duft ein, lauschten seinen verzaubernden Klängen.
Doch er gewährte nicht jedem willigen Reisenden einen Platz auf seinen wogenden Flanken. Zu oft schon sah er Menschen, die erst den Verstand und dann den Halt verloren hatten, weil ihre Träume und Sehnsüchte den Taumel der Rastlosigkeit nicht überstehen konnten.